Ratsanträge

Klimaschutz und Klimafolgenanpassung – jetzt! Klimaneutral bis 2035!



Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragen, die Mitglieder des Rates mögen
beschließen:

Unter Berücksichtigung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes (IKSK), der Sondierungsstudie
„Wuppertal klimaneutral 2035“ des Wuppertal Institutes und des 14-Punkte-Paketes für mehr
Klimaschutz in Wuppertal beschließt der Rat folgende Maßnahmen:

1. Auf dem Weg zur Klimaneutralität 2035
Die Verwaltung erarbeitet kurzfristig einen Stufenplan zur Ermöglichung einer Klimaneutralität
2035 mit klaren Zielsetzungen, Meilensteinen in Zeitabschnitten sowie Evaluationsmechanismen.
Bis Ende des Jahres 2021 soll eine Planung der notwendigen Schritte und eine Kostenschätzung
vorgelegt werden, die dann im I. Quartal 2022 in die Ratsgremien eingebracht wird. Darin
enthalten sein sollen Umsetzungsmaßnahmen aus dem Integrierten Klimaschutzkonzept, diesem
vorliegenden Antrag sowie weiteren Zielen, die die Verwaltung definiert. Die Wuppertaler
Stadtwerke werden beauftragt, in gleicher Weise und in den gleichen Fristen einen möglichen
Weg zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2035 aufzuzeigen.

2. Solaroffensive für Wuppertal
Die Stadt Wuppertal startet eine Solaroffensive in enger Zusammenarbeit mit GMW, GWG, WSW,
AWG, der Stadtsparkasse, der Handwerkskammer, der IHK, dem Jobcenter, Haus & Grund und
den Bürgergenossenschaften und privaten Betreiberunternehmen. Beginnend mit dem Jahr 2022
werden in den kommenden 4 Jahren mindestens 100 weitere kommunale Gebäude oder Flächen
mit Solaranlagen ausgestattet. Zusätzlich soll eine stadtweite, konzertierte Aktion der genannten
Organisationen angestoßen werden, damit auch geeignete Dächer oder Flächen in privatem
Eigentum mit Solaranlagen ausgestattet werden.
Die Stadt erarbeitet, basierend auf den geltenden Bestimmungen, eine Handreichung für
Privateigentümer und Firmen, wie die verstärkte Installation von Solaranlagen und Photovoltaik
auf und an Gebäuden (inkl. Denkmäler) gestaltet und finanziert werden kann, informiert über
notwendige Formalitäten und unterstützt aktiv in diesen Prozessen.
Mit einer aktiven Ansprache werden private und gewerbliche Eigentümer von Gebäuden durch
die Stadt mittels Beratung und Informationsmaterial (persönlich, postalisch oder elektronisch) auf
Förderprogramme hingewiesen und erhalten die erarbeitete Handreichung. Diese Informationen
werden bei Terminen im bzw. Kommunikationen mit dem Bauamt standardmäßig weitergereicht
und aktiv auf die Vorteile hingewiesen.
Die Verwaltung wird beauftragt, bis zum Jahresende ein Umsetzungskonzept für die genannten
Maßnahmen zu erarbeiten und den Ratsgremien vorzulegen.
Damit soll erreicht werden, dass pro Jahr eine große Anzahl neuer Anlagen (angestrebte
Richtgröße 2.000 Anlagen) neu errichtet wird. Im Bewusstsein dessen, dass die Bestimmungen
z.B. zu Mieterstrom, Quartiersnetze und Denkmalschutz einen Ausbau verzögern können, ist auf
diese Themen, die größtenteils auf Bundes- und Landesebene geregelt sind, Rücksicht zu
nehmen, die dortigen Spielräume sind maximal auszunutzen.
Ein „Solarcheck“ wird eingeführt: Die Möglichkeit, in zukünftigen Bebauungsplänen oder bei
ohnehin erfolgender Anpassung derselben die Installation von Solaranlagen vorzuschreiben, ist
jeweils zu prüfen. Für den Bestand und Gebiete ohne B-Plan sind entsprechende Empfehlungen
und Anregungen, auch unter Nutzung und Promotion des vorhandenen Solarkastasters
auszusprechen. Insbesondere soll dieses immer dann geschehen, wenn ein Gebiet in den
Gremien (auch außerhalb regulärer B-Pläne) gerade behandelt wird. Ziel ist, dass das Thema in
den Beratungen präsent bleibt und somit Potenziale maximal genutzt werden.

3. Wärmewende
Die Stadt Wuppertal legt ein Programm zur Wärmedämmung von Bestandsimmobilien auf und
nutzt die einzigartige Gelegenheit des Solar Decathlon 2021, um Projekte in Wuppertal zu
unterstützen, entsprechende Fördermittel anzuwerben sowie Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.
Die Wärmewende in Wuppertal muss den Schwerpunkt auf Heizenergie auf Basis von
Nahwärmenetzen bevorzugt durch Nutzung von Geothermie und Fernwärme aus dem
Müllheizkraftwerk. Die bestehenden Netzstrukturen sind auch unter Investitionsschutzaspekten
langfristig zu nutzen bzw. weiterzuentwickeln. Entsprechende Maßnahmen in diesem Bereich
werden eng mit den WSW abgestimmt auch für den Fall, dass die Leistung des MHKW zu einem
späteren Zeitpunkt aufgrund abnehmender Mengen zurückgehen sollte, für diesen Fall ist eine
passende Strategie zu entwickeln. Die Zusammenarbeit mit lokalen Expertise-Einheiten wie dem
Circular Valley, Wuppertal Institut und anderen werden für weitreichende Erkenntnisse und
Potenziale im Rahmen der Kreislaufwirtschaft und Wärmewende intensiviert.
Auch hierzu wird die Verwaltung beauftragt, bis Jahresende ein Umsetzungskonzept vorzulegen.

4. Mobilität in Wuppertal
a) Die Stadtverwaltung erarbeitet kurzfristig ein Konzept, das die möglichen Elemente zur
Förderung der Verkehrswende beinhaltet (ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, Stellplätze und
Parkraum) und die Wechselbezüge sichtbar macht. Dieses Konzept soll den Gremien zur
Beratung und politischen Beschlussfassung vorgelegt werden.
b) Im Austausch mit den Bezirksvertretungen werden weitere Standorte für Mobilitätsstationen
identifiziert. Es wird eine zeitlich konkrete Planung des Ausbaus für die nächsten Jahre
erarbeitet. Zu diesem Zwecke werden Mobilitätsstationen auch Bestandteil der
städtebaulichen Verträge von größeren Bauprojekten. Der Ausbau der Mobilitätsstationen
wird konzeptionell mit dem Ausbau der E-Ladestationen in Einklang gebracht (siehe 4d).
c) Ein ganzheitliches Mobilitätskonzept für öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kitas und
Behörden wird erarbeitet.
d) Der Ausbau der E-Ladestationen wird forciert bzw. beschleunigt. Dafür dient ein zu
erstellendes E-Ladestation-Konzept stadtteilbezogener Bedarfsplanung als Grundlage. Auch
die Nutzung vorhandener Ladestationen z.B. von Gewerbetrieben ist hier soweit möglich
einzubeziehen.

5. Klimagerechtes Bauen
Die Verwaltung startet eine Bebauungsplan-Initiative, d.h. Bebauungspläne werden bei Bedarf
klimagerecht überarbeitet, um beispielsweise wirtschaftliche Investitionen im innerstädtischen
Bereich zu fördern. Die Verwaltung wird beauftragt, die Umsetzungsmöglichkeiten zu erarbeiten
und den Ratsgremien vorzulegen. Weiter oben genannte Punkte wie 2. (Solaranlagen) sollen hier
einfließen.
Alle geplanten kommunalen Großprojekte werden auf ihre Klimatüchtigkeit (insbesondere Schutz
gegen Extremwetterereignisse) überprüft und ggf. durch klimafreundliche Maßnahmen
zukunftssicher gestaltet. Auch bei bereits laufenden Projekten ist eine solche Prüfung
sicherzustellen, gegebenenfalls nachzuholen.

6. Blau-Grüne Infrastruktur stärken – Resilienz im Klimawandel
Die Stadt Wuppertal erarbeitet ressortübergreifend einen Hitzeaktionsplan und bewirbt sich auf
Landesebene als Modellkommune für die Umgestaltung in eine „Schwammstadt“ (siehe auch
Antrag VO/1043/21/1-Neuf.). Weitere Maßnahmen zur Renaturierung der Wupper und ihrer
Nebengewässer werden beschleunigt umgesetzt. Zudem sollen Flächen für
Regenrückhaltebecken und andere Retentionsmaßnahmen identifiziert und gemeinsam mit den
WSW realisiert werden. Die Möglichkeit, dass private Grundstückseigentümer geeignete
Grundstücke bzw. deren Untergrund zur Verfügung stellen, ist zu prüfen. Die
Starkregengefahrenkarte ist, wo noch nicht geschehen, grundstücksscharf auf das gesamte
Stadtgebiet auszubauen.
Die Lockerung des Anschluss- und Benutzungszwanges an die Regenwasserkanalisation zu
Gunsten einer Versickerung von Regenwasser auf privaten Grundstücken wird geprüft.
Zukünftiger Maßstab muss hier zukünftig die jeweils ökologisch, klimatechnisch und
hydrologisch/wasserwirtschaftlich und hinsichtlich des Flutschutzes sinnvollste Lösung sein. Um
dies mit den formalen Anforderungen, den technischen Anforderungen des Kanalbetriebs, dem
Kostenmanagement (Sicherung der Betriebskosten) und fiskalischen Fragen in Einklang zu
bringen, sind hier entsprechende kreative Lösungskonzepte zu erarbeiten, die rechtlich
abgesichert sind.

6. Öffentlichkeitsarbeit
Die Stadt Wuppertal legt ein Konzept der Öffentlichkeitsarbeit vor, das die Wuppertaler*innen
über die Themen Energiewende, Energieeffizienz, Mobilitätswende,
Ressourcenverbrauchsminderung, Müllvermeidung, Solaranlagen auf dem eigenen Dach,
Wärmewende, Versickerung, Hochwasserschutz etc. aufklärt und zu einer klimafreundlicheren
Lebensweise motiviert.

7. Sachstandsbericht Umsetzung des 14-Punkte-Paketes (VO/0535/20)
Mit der Drucksache (VO/0535/20) wurde 2020 die Umsetzung des 14-Punkte-Paketes für mehr
Klimaschutz in Wuppertal“ beschlossen. Die Verwaltung legt einen Sachstandsbericht vor, der den
konkreten Fortschritt bei der Umsetzung der 14 Punkte dokumentiert und darlegt, welche
weiteren Schritte zur Umsetzung geplant sind.

8. Selbstverständnis der Städte im Klimaschutz
Wuppertal kann als Stadt offensiver Akteur für mehr Klimaschutz, für die Klimafolgeanpassung
und die Energiewende sein. Dieses Selbstverständnis muss in allem kommunalen Handeln
verankert werden. Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, sich auf Landes- und Bundesebene
dafür einzusetzen, dass Klimaschutz und Klimafolgenanpassung als kommunale Pflichtaufgabe
definiert werden.

9. Interkommunale Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit der Städte und Kreise im Bergischen Land muss auf Grundlage der
Bergischen Erklärung zur Erreichung einer „100% Erneuerbare Energie Region Bergisches Land“
intensiviert werden.

10. Finanzierung
Die Kosten der in Betracht kommenden Maßnahmen werden ermittelt, es ist von einer deutlich
höheren Refinanzierung durch Bund und Land auszugehen, als das bisher der Fall war.

Begründung:
Einen schlimmeren Weckruf als durch die Unwetterkatastrophe Mitte Juli in NRW und Rheinland-
Pfalz hätte es kaum geben können. Bereits der Orkan Kyrill 2007, das Starkregenereignis 2018 oder
die Hitzesommer der vergangenen Jahre zeigten, dass wir uns mitten im Klimawandel befinden mit
unmittelbar spürbaren Auswirkungen.
Daher muss die Stadt Wuppertal schnellstens alle erdenklichen Maßnahmen für mehr Klimaschutz
und für die Klimafolgenanpassung umsetzen.
Dafür werden auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene viele Förderprogramme aufgelegt, von denen die
Stadt profitieren kann, wenn entsprechend viele Förderanträge gestellt werden. Kommunen wie
Wuppertal können den Herausforderungen des Klimawandels nur erfolgreich begegnen, wenn sie
dafür entsprechende finanzielle Mittel anwerben. Daher ist die Fördermittelakquise der Schlüssel für
den erforderlichen Handlungsspielraum und hat oberste Priorität.
Besonders wichtig ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Umsetzung der Wärme- und
Mobilitätswende. Aber auch im Bereich des Bauwesens muss konsequent auf Klimafreundlichkeit
gesetzt werden. Dabei geht es auch um die Förderung des kommunalen Handwerks, das durch den
Ausbau der Erneuerbaren Energien enorm profitiert.
Soziale Komponenten, wie der Schutz der Gesundheit von vulnerablen Personengruppen wie
beispielsweise Kleinkinder und Senior*innen, müssen im Rahmen eines Hitzeaktionsplanes und bei
der Umgestaltung Wuppertals zur Schwammstadt einen hohen Stellenwert haben.
Nicht nur die Verwaltung muss intensiv an der Klimaneutralität arbeiten, auch Bürgerinnen und
Bürger sowie ansässige Unternehmen sind gefragt, sich aktiv am Klimaschutz zu beteiligen. Daher
sind eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und eine Vorbildfunktion der Stadt unerlässlich. Darüber
hinaus sind sich bereits sehr viele Bürger*innen der hohen Bedeutung von intensivem Klimaschutz
bewusst und wollen sich im Rahmen eines Klima-Bürger*innen-Rates aktiv an der klimagerechten
Entwicklung ihrer Stadt beteiligen.
Die Stadt Wuppertal muss sich und den Bürgerinnen und Bürgern, auch im Sinne ihres Auftrags der
Daseinsvorsorge, bewusst machen, welche Verantwortung sie als Kommune bei der Erreichung der
Klimaziele trägt, und zügig alle Maßnahmen umsetzen, die in ihrer Macht stehen.


Mit freundlichen Grüßen

Caroline Lünenschloss Ludger Kineke Yazgülü Zeybek Paul Yves Ramette
Fraktionsvorsitzende Fraktionsvorsitzende


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